geheimVZ

Es ist ein durchschnittlicher Nachmittag, ca. 2008. Dir ist langweilig, also schaltest du den Computer ein. Während der am Booten ist, denkst du daran, dass dir eine Freundin vor ein paar Tagen eigentlich versprochen hatte, eine Einladung für dieses geheimVZ zu schicken, von dem alle reden …

Ein paar Minuten später ist der Computer endlich hochgefahren. Erstmal die ganzen Fenster schließen, die sich von selbst geöffnet haben. Dann ist es so weit: Doppelklick auf den eingerollten Fuchs. Deine GMX-Startseite lädt von alleine. Login … zwei neue Mails, und die Einladung ins geheimVZ ist auch dabei!

Beim Klick auf die Einladungs-Mail fühlst du dich, als hättest du gerade die Schokolade mit dem goldenen Ticket für Willy Wonkas Schokoladefabrik ausgepackt. Und dann bist du auch schon drin im VZ! Du surfst durch die Profile deiner Bekannten, offenbar sind hier echt viele Leute schon drin. Und dann …

Shit, schon fast eine halbe Stunde herum! Du bist doch eigentlich noch verabredet! Also schnell aus dem geheimVZ ausloggen und den Computer herunterfahren. Genug Computerzeit für heute!

So könnte dein erstes Abenteuer im geheimVZ gewesen sein!


Das geheimVZ war eine Hommage ans Web 2.0 und wurde auf dem 38. Chaos Communication Congress vom 27. — 30. Dezember 2024 in Hamburg gezeigt.

Das Netzwerk sollte ein Experiment sein, wie es ist, in einem sozialen Netzwerk zu sein, bei dem es nichts unmittelbar zu verpassen gibt. Eine Erinnerung an eine Zeit, als es krass war, in der Gruppe „Ich bin jeden Tag auf geheimVZ online!“ zu sein — denn wer ist schon jeden Tag auf Social Media?

Um Teil des Netzwerks zu werden, war ein Einladungscode notwendig. Die Einladungscodes gab es vor Ort an Abreißzetteln, außerdem konnten Benutzer*innen mit einem persönlichen Code weitere Leute einladen. Dadurch wurde der Zugang künstlich verknappt und eine eigentlich gar nicht notwendige Exklusivität hergestellt.

Innerhalb des Netzwerks herrschten strenge Regeln: Andere Benutzer*innen konnten nur ein mal zur Zeit „gegruschelt“ werden. Wer zu häufig bestimmte Funktionen wie das Erstellen einer Gruppe aufgerufen hat, wurde für eine bestimmte Zeit gesperrt. Wer Feedback geben wollte, konnte das im Forum der „Feedbacksandwich“-Gruppe tun. Allerdings enthielt die Gruppenbeschreibung eine unklare Anweisung, ob die Reihenfolge Lob-Kritik-Lob, oder Kritik-Lob-Kritik ist. Entsprechend wurde jedes Feedback als falsch formuliert abgestempelt.

Am Ende der Veranstaltung wurde der Server gelöscht. Dadurch sind, wie auch schon beim Ende einiger großer, kommerzieller Social Networks, die Daten aller 1412 Benutzer*innen verloren gegangen.


Vielen Dank an rehwanne, zichy, Fritz, xkey, Oleander, gglnx, Jamalaka, Sascha und wer noch alles daran beteiligt war, das geheimVZ möglich zu machen! Danke an alle, die Teil vom VZ waren.

Der Code ist unter MIT-Lizenz veröffentlicht und liegt hier: https://github.com/barnslig/geheimvz.

Echo